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Cybersicherheit in der Fahrzeugentwicklung ist kein Selbstzweck – sondern ein Hebel zur Kostensenkung

Cybersicherheit wird von so ziemlich jedem Entwicklungsingenieur oder Projektverantwortlichen in der Automobilbranche und Fahrzeugentwicklung zuvorderst als ein notwendiges Übel betrachtet. Als ein ressourcenintensiver Kostenfaktor. Eine Belastung für Entwicklungsabläufe, Zeitpläne und Budgets. Doch diese Perspektive greift zu kurz. Richtig implementiert, wird zeitgemäßes Cybersecurity Engineering zum Effizienz-Turbo: Es strukturiert Entwicklungsprozesse, reduziert teure Nacharbeiten und kann wesentlich zum verkürzten Time-to-Market beitragen. Statt Security als nachgelagerte Compliance-Aufgabe zu behandeln, sollten Organisationen, Entscheider und Entwicklungsvorhaben sie als strategischen Wettbewerbsvorteil verstehen. Wie aus dem vermeintlichen Kostentreiber ein handfester Business-Enabler wird, der Millionen einsparen kann – soll dieser Beitrag beleuchten.

Philipp Veronesi

Wenn von Cybersicherheit in der Fahrzeugentwicklung die Rede ist, denken viele sofort an Abwehrmaßnahmen gegen Hacker. Oder an die vielen regulatorischen Verpflichtungen und Anforderungen. Doch dieser Blickwinkel ist längst nicht mehr zeitgemäß.

Der erforderliche Perspektivwechsel zur Cybersicherheit in Automotive

Heute ist das riesige Handlungsfeld Cybersicherheit kein IT- oder Compliance-Thema – sondern herangewachsen zu einem strategischen Hebel, um Kosten entlang des gesamten Produktlebenszyklus, von der Entwicklung bis zum Einsatz im Feld, zu senken und die Effizienz zu steigern.

Die Automobilbranche sieht sich mit enormen Herausforderungen konfrontiert: die Transformation der Architekturen zum Software-Defined-Vehicle, die zunehmende Komplexität der E/E-Komponenten, die ausbremsenden Legacy-Flickenteppiche und der immense Kostendruck, um nur einige zu nennen. Gleichzeitig gilt es den erst in den letzten Jahren weltweit rasant herangewachsenen regulatorischen Anforderungen, spezifisch in Fragen der Cybersicherheit, gerecht zu werden.

Wer dabei Cybersecurity Engineering als Bürde betrachtet, verschenkt enormes Potenzial. Denn: Jede früh geschlossene Schwachstelle, jede standardisierte Vorgehensweise und jede vermiedene Nachbesserung spart bares Geld. Schlagzeilen über Cybersicherheitsvorfälle rund um das Ökosystem Fahrzeug und die damit verbundenen Aufwendungen seitens der involvierten OEMs und Zulieferer belegen dies regelmäßig.

Wer Cybersicherheit heutzutage als nicht mehr diskutierbaren integralen Bestandteil von Engineering und Projektmanagement versteht, gewinnt nicht nur Sicherheit, sondern auch Zeit- und Budgetvorteile, die sich direkt auf den Unternehmenserfolg auswirken.

Genau wie Kompetenz im Bereich der Softwareentwicklung lange im Automobilumfeld unterschätzt und heute ein immenser Wettbewerbsvorteil ist, wird immer offensichtlicher, dass Cybersicherheit – gerade auch mit Blick auf das autonome Fahren und neue Konnektivitätsfunktionen – die Königsdisziplin der Zukunft sein wird.

Kostenhebel in der Entwicklung: Wo bietet Cybersicherheit konkrete Einsparung?

Kritiker haben aber erst einmal recht: Die ordnungsgemäße Berücksichtigung von Cybersicherheit bedeutet zunächst zusätzliche Arbeit: Aufwändige Risikoanalysen, komplexe Reviews, ressourcen-intensive Implementierung von Sicherheitsanforderungen. Doch genau diese Schritte bieten eben auch das Potenzial, Kosten in der Entwicklung nachhaltig nach unten zu korrigieren.

Hier ist es eine der primären Pflichten von Cybersecurity Managern über den eigenen Tellerrand zu schauen. Als Grenzgänger zwischen der (gerne durchaus detailverliebten) Profession der Security und knallharter Betriebswirtschaft zu fungieren.

Den Reifegrad der eigenen Cybersicherheit erhöhen: Wo Cybersecurity zum Game Changer werden kann

Für all jene, die die Fahrzeugentwicklung primär durch die betriebswirtschaftliche Brille betrachten, wodurch Cybersicherheit schnell als technisches Randthema eingeordnet wird, sei folgender Leitsatz aufgezeigt: Der tatsächliche Wertschöpfungseffekt von Cybersecurity Engineering zeigt sich in den operativen Kernprozessen der Fahrzeugentwicklung.

Durch die Neuausrichtung des Stellenwerts von Cybersicherheit – weg von der nachgelagerten Compliance-Übung, hin zum strategischen Effizienz-Multiplikator – trennt sich die Spreu vom Weizen.

Der direkte Zusammenhang zu Kosten, Budgets, Planbarkeit und Skaleneffekten soll nachfolgend mit einer Zusammenstellung von prägnanten Impulsen aufgezeigt werden. Keine Sorge, Sie müssen dafür kein Security-Profi werden. Vielmehr soll die weitreichende Einflusssphäre der Cybersicherheit verdeutlicht werden.

Wie kann Cybersicherheit den Start of Production (SOP) absichern?

Security ist heute genauso als Teil eines Systems zu verstehen und abzuarbeiten wie das „normale“ Engineering rund um System, Hardware und Software. Dazu gehören die Erforderlichkeiten von Spezifikation, Implementierung und Verifikation und Validierung. Die frühzeitige Integration von Security-Maßnahmen reduziert spätere Änderungswellen, die Test-, Integrations- und Lieferfreigabeprozesse kaskadenartig verzögern. Die Wahrscheinlichkeit für Last-Minute-Fixes, die geplante SOP-Slots verschieben, Werkzeuge umplanen und Kapazitäten binden, sinkt, wenn man Cybersecurity entlang der Meilensteine abarbeitet, wie es Industriestandards vorsehen. Von der Cyber-Bedrohungsanalyse (TARA) bereits in der Konzeptphase über die saubere Security-Architektur (z. B. abgesicherte Kommunikationspfade, Schlüsselmanagement) bis zu verbindlichen Security-Reviews und darüber hinaus. Vereinfacht gesagt: Der betriebswirtschaftliche Effekt sind planbare Abläufe statt Strafzinsen und Opportunitätskosten – Budgets bleiben stabil, Cybersecurity-Verantwortliche arbeiten im Takt und der SOP wird nicht zum Kostenbrenner.

Wie sorgt Security by Design für Budgettreue statt Change-Requests?

Dem folgend verankert das Prinzip Security by Design die Sicherheitsanforderungen in Architektur, Code und Tests, bevor Hardware gefroren und die Produktionslinie vorbereitet wird. Dafür braucht es wiederverwendbare und produktunabhängige Konzepte (Secure Boot, HSM-Nutzung, sichere Updates) und definierte Integrationen von Cybersecurity in die Projektmeilensteine. Erst wenn konsequent Risiken früh eliminiert werden, entfallen teure Änderungsaufträge samt Retests und Requalifikationen. Jeder vermiedene späte Eingriff spart Prüfstände, Engineering-Stunden und Lieferantenaufwände. Ergebnis: Budgetabweichungen schrumpfen, und Kosten werden zu planbaren, linearen Aufwänden statt eruptiven Sondereffekten.

Wie beschleunigt gute Cybersicherheit die Time-to-Market?

Konsistente Security-Artefakte (Risiko-Nachweise, Testberichte, die vielen Cybersecurity-Compliance-Dokumente) verkürzen Validierung und Genehmigungen. Wenn Bedrohungsmodelle, Security-Anforderungen und Verifikationsnachweise lückenlos aufeinander referenzieren, sinkt die Schleifenanzahl zwischen Entwicklung, Qualität und Regulatorik. Strukturiert umgesetzte Cybersecurity-Management-Artefakte, die in der Praxis korrekte Anwendung finden, reduzieren zudem Freigabezyklen, weil Compliance konsequent sichergestellt wird und Korrekturen ohne Chaos erfolgen können. Die konkrete Konsequenz aus funktionierenden Cybersecurity-Strukturen: Aufwand- und Zeitersparnisse für mögliche Re-Audits und -Assessments, schnellere SOP-Ramp-ups, frühere Umsätze, geringere Opportunitätskosten – ein direkter Erlös- und Kosteneffekt, der sich über Programme hinweg kumuliert.

Wie reduziert Cybersicherheit Integrationskosten in der Lieferkette?

Der Reifegrad der Cybersicherheitsbemühungen der involvierten Wertschöpfungskette stellt einen fundamentalen Hebel dar. Zulieferer liefern abgesicherte Module mit klarer Schnittstellendefinition (z. B. Authentisierung, Schlüsselverteilung, Diagnosepfade). Einheitliche Security-Profiles pro ECU-Klasse vereinfachen das Zusammenspiel heterogener Komponenten. So verringern sich Cross-Validierungen, Nacharbeiten an Protokollen und Konflikte in der Integrationsphase. Weniger Re-Tests und Abstimmungszyklen bedeuten: niedrigere Stückkosten, kürzere Integrationszeitfenster und weniger „Stop-the-Line“-Momente – also direkte Einsparungen entlang des V-Modells.

In den letzten Jahren hat sich die Evaluierung der Cybersicherheitsfähigkeiten von Lieferanten zu einer kritischen Disziplin entwickelt. In Verbindung mit Bewertungen aus Qualitätsperspektive gilt es, hier Risiken wie die Nicht-Erfüllung von Cybersicherheitsanforderungen frühzeitig zu erkennen, um Gegenmaßnahmen einleiten zu können, bevor durch Unzulänglichkeiten in Fragen der Cybersicherheit zeitkritische Auswirkungen entstehen.

Wie senkt standardisierte Security Haftungs- und Compliance-Risiken?

Anstelle von Flickenteppichen in der Cybersecurity-Handhabung schaffen gemeinsame Regularien und Standards (z. B. ISO/SAE 21434, UNR155-CSMS-Prozesse) seit einigen Jahren Klarheit über Pflichten, Nachweise und Eskalationswege. Rollen, Checklisten und Abnahme-Kriterien sind vorab definiert, Verantwortlichkeiten entlang der Kette transparent. Im Vorfallfall reduziert das die Klärungsdauer, Gutachterkosten und Rechtsrisiken; im Normalbetrieb macht es Audits vorhersehbar und kurz. Finanziell wirkt das wie eine Versicherung: weniger Streitkosten, weniger Blockaden, verlässliche Freigaben – und damit weniger Kapital, das in Unsicherheit gebunden ist.

Wie erzeugt Security-Standardisierung skalierbare Effizienzgewinne?

Fragen Sie einmal in der Cybersecurity wie ungemein viel sich gewinnen lässt durch Wiederverwendbarkeit: Einmal erstellte Threat-Kataloge, Architekturmuster und Test-Suiten lassen sich programmübergreifend wiederverwenden. Security-Bausteine (IDS-Konzept, Key-Lifecycle, Secure-Comms) werden zu Produktlinien-Assets, die nur noch konfiguriert statt neu erfunden werden. Das senkt Engineering-Aufwände pro Derivat, reduziert Variantenfehler und erleichtert Onboarding neuer beteiligter Akteure, Organisationen und Teams. Ergebnis: geringere Entwicklungskosten je Feature, verlässliche Qualität und eine steilere Lernkurve – ein Multiplikator-Effekt, der sich über mehrere Fahrzeuggenerationen auszahlt.

Wie verkürzt Cybersecurity-Prozessreife die Dauer und Kosten von Audits und Reviews?

Mit reifen CSMS-Prozessen sind Artefakte versioniert, Traceability ist vollständig und Evidenzen sind prüffähig „auf Knopfdruck“. Auditoren prüfen gegen standardisierte Checkpoints statt individueller Machwerke. Gerade in Fragen der Cybersicherheit, wo hier noch auf beiden Seiten Neuland betreten wird, komprimiert dies die Prüfzeiträume (häufig von Wochen auf Tage), senkt externe Beratungskosten und verhindert Nachforderungen. Für die Linienorganisation heißt das: weniger Kontextwechsel, weniger „Audit-Theater“, mehr Fokus auf Wertschöpfung – und damit messbar niedrigere indirekte Qualitäts- und Overhead-Kosten. Letztendlich ist dabei einzusehen: Cybersicherheit erfordert Prozesse. Das ist kompromisslos. In der Praxis sind diese selten so vorhanden, wie sie es sollten. Dadurch entsteht durch Cybersicherheit eine erzwungene Notwendigkeit, lange vor sich her getragene Prozessbaustellen anzugehen, um so letztendlich die Gesamtqualität der Produkte zu erhöhen.

Wie verändern cybersichere OTA-Fähigkeiten die Kostenkurve bei Recalls?

Wie Sie vielleicht wissen, werden parallel zu den Regulierungen zur Cybersicherheit (UN R155) auch sichere Software-Updates (UN R156) dediziert behandelt. Hier lässt sich also ebenfalls viel richtig oder falsch machen. Sichere Over-the-Air-Updates können physische Werkstattkampagnen ersetzen. Voraussetzung hierfür sind End-to-End-gesicherte Update-Pfadarchitekturen (Secure Boot, Signaturprüfung, Verschlüsselung und robustes Key-Management). Sind diese Voraussetzungen gegeben, können Softwarekorrekturen innerhalb weniger Stunden statt innerhalb mehrerer Monate behoben werden – ohne Service-Termine, Ersatzfahrzeuge oder Logistik. Der finanzielle Effekt sind drastisch niedrigere Rückrufkosten pro Fahrzeug, weniger Kulanz und geringere Reputationsschäden. Zugleich steigen die Kundenzufriedenheit und -bindung, wodurch sich die Garantie- und Supportkosten weiter senken.

Wie verbessert OTA die Incident-Response und damit die Betriebskosten?

Durch ordnungsgemäße Cybersicherheit und eine systematische Reduzierung der zugehörigen Risiken und Schwachstellen in den Bereichen Telemetrie, Flottenmonitoring und sicheres Rollback können Auffälligkeiten früh erkannt, betroffene Builds isoliert und risikobasierte Patches aufgespielt werden. Dadurch entstehen keine langen „Exposure-Fenster“, die zu Folgeschäden führen könnten. Teams können planbar in Sprints arbeiten statt im Krisenmodus, Werkstätten bleiben für mechanische Themen frei und Hotlines werden entlastet. So wird ungeplante Notfallarbeit in planbare, automatisierte Routine umgewandelt: Es gibt weniger Überstunden, weniger Eskalationen, stabilere OPEX und eine insgesamt flachere Kostenkurve über den Lebenszyklus.

Von der Theorie zur Praxis: Der Weg zu messbaren Kosteneinsparungen

Die dargestellten Kostenhebel und Effizienzgewinne mögen theoretisch überzeugend klingen – doch wie lassen sie sich konkret in der Praxis in der Organisation, in Projekten und Prozessen realisieren?

Ernüchternd, aber die Wahrheit: Erfolgreich damit sind OEMs, Zulieferer und Technologieanbieter erst, wenn sie Cybersicherheit nicht als einmaliges Projekt, sondern als kontinuierlichen Reifeprozess begreifen. Und dabei entsprechend stringent und systematisch vorgehen.

Dabei empfehlen sich als erste Best Practices:

1. Cybersecurity-Reifegradmessung und den Status Quo erfassen: Bevor Ressourcen neu zugeordnet oder Investitionen getätigt werden, muss Klarheit über den aktuellen Reifegrad herrschen. Praxisbewährte Assessments (z.B. die ISO/SAE 21434 Gap Analyse oder das NIST Cybersecurity Framework) liefern objektive Standortbestimmungen:

  • Verantwortlichkeiten: Sind diese festgelegt und kommuniziert?
  • Prozessreife: Wie steht es um den Reifegrad der involvierten Prozesslandschaften?
  • Security-Reviews als Teil der Entwicklung: Wird standardisiert geprüft, wie Security-Themen zu bestimmten Zeitpunkten implementiert sind?
  • Tool-Landschaft: Wie fragmentiert ist die die Toollandschaft, existieren automatisierte Abläufe?
  • Kompetenzverteilung: Wie steht es um das Security-Know-how in den Entwicklungsteams (Engineering/Management)?
  • Supply Chain Integration: Wie entsprechen Zulieferer und Partner den Erforderlichkeiten des UN R155/CSMS?

Die schonungslose Erarbeitung eines Basisüberblicks ermöglicht datengestützte Prioritätensetzung und liefert die Grundlage von ROI-Kalkulationen für geplante Maßnahmen.

2. Echte Quick Wins identifizieren und umsetzen: Nicht alle Cybersecurity-Maßnahmen erfordern jahrelange Transformationsprojekte. Das ist kein Widerspruch zum Vorangegangenen. Es gibt natürlich auch sofort umsetzbare Verbesserungen, die frühe Erfolge schaffen und Buy-in im Management fördern. Denken Sie dabei an:

  • Systematisierung von Entscheidungen, Lenkungsgremien und Routine-Termine initiieren
  • Verständnis für die Erforderlichkeiten bei involvierten Teams fördern, auch wenn noch nicht alles als Prozess abgebildet und dokumentiert ist
  • Hygiene-Arbeit mit Meetings, Rollen, Dashboard, Eskalationen (Single Source of Truth, Dokumentation, Protokolle etc)
  • Security-Champions und Schlüsselpersonen etablieren, unkompliziert Kompetenzen aufbauen, etwa mit Videolernprogrammen im Advanced Cybersecurity Engineering
  • Einfache Tools nutzen, z.B. CYMETRIS für die TARA Cyberrisikoanalyse

3. Re-Use; Standardisierung und Einsatz von Templates: Statt projektspezifisch und mit aufwändiger externer Unterstützung empfiehlt sich der Einsatz einheitlicher Templates (etwa zur Item Definition oder dem Cybersecurity Plan); Dies reduziert Aufwände für die Erarbeitungen immens, wie die Praxis immer wieder zeigt. Dazu gehören auch

  • Wiederverwendbare Security-Requirements-Kataloge verkürzen Spezifikationsphasen
  • Standardisierte Checklisten (z.B. besonders auch im Bereich V&V und Testing) minimieren externe Dienstleistungskosten
  • Optimierungen in der Tool-Landschaft und ihrer Nutzung

4. Operationalisierung von Security-by-Design-Governance mit einem Pilotprojekt als Proof of Concept: Anstelle organisationsweiter Big-Bang-Ansätze bewähren sich fokussierte Pilotprojekte in ausgewählten Entwicklungsbereichen. Dabei kann ein Fahrzeugprojekt als Vorreiter im Security-Engineering dienen; Die gesamtheitliche Integration eines Tier-N-Zulieferers in gemeinsame CSMS-Prozesse; Spezifische Cybersecurity-Aktivitäten und -Fähigkeiten für eine spezifische ECU-Familie …

Mit solchen ersten Pilotierungen lassen sich bereits konkrete Kosten-Nutzen-Daten erheben, die für die Skalierungsentscheidung herangezogen werden können und als interne Referenzimplementierung fungieren.

Handlungsempfehlungen für verschiedene Reifegrade

Der Ansatz, Notwendigkeiten der Cybersicherheit in der Entwicklung mit kontinuierlicher Effizienzsteigerung und optimierten Kosten nachhaltig in Verbindung zu bringen, ist wie geschildert, also als ein Prozess zu verstehen.

Dabei ist einzugestehen, dass sich wirksame Ansätze je nach gegebenem Reifestadium in der Organisation und im Projekt unterscheiden.

Aber keine Scheu: Bereits als „Einsteiger“ der professionalisierten Cybersicherheit lässt sich von klaren Prozessen, Strukturen und Standardisierung profitieren. Um hier eine erste Veranschaulichung zu liefern, hier eine einfache Kategorisierung von Automotive-Cybersecurity-Reifegraden, wie sie sich in der Praxis in der Regel vornehmen lässt:

Starter (Reifegrad 1-2): Die ersten Fundamente schaffen

  • Cybersecurity-Verantwortlichkeiten klar definieren und strukturiert kommunizieren – klingt banal, ist für die Organisation, bzw. im Projekt aber ein wesentlicher Hebel, wenn die Ansprechbarkeit für zugehörige Themen sauber definiert und kommuniziert ist.
  • ISO/SAE 21434-konforme Grundprozesse etablieren: Mit einem Grundverständnis bzw. Awareness für Security-by-Design und Cyberrisiko-Analyse (domänenübergreifend) lässt sich bereits viel gewinnen. (Hier ist das Prinzip „weniger ist mehr“ legitim: Mit der Fokussierung auf die wichtigsten Themen loslegen, diese implementieren, danach ergänzen)
  • Erste Pilotprojekte/Quick Wins, wie z.B. automatisierte Security-Tests in kritischen Hardware-/Software-Komponenten; Bereits frühzeitig lohnt sich der Aufbau eigener Kompetenz in V&V und Pentesting, etwa auch durch Vehicle Security/(Ethical) Vehicle Hacking Trainings.
  • Herstellerübergreifende Cybersecurity initiieren: Von Zulieferer-Assessments und Gap-Analysen über organisationsübergreifende Risikoanalyse-Arbeiten bis zur Professionalisierung der Cybersecurity-Leistungsschnittstellenvereinbarung
  • Nicht zu unterschätzen: Erfolge und Fortschritte sichtbar machen, um kontinuierlich Cybersicherheitsbemühungen in die Organisation zu tragen

Fortgeschrittene (Reifegrad 3-4): Den Fokus auf Effizienz-Optimierung

  • Committment durch das Mangement sowie Cybersecurity-Policies und Rules sind etabliert, ebenso wie Aufbau und Abläufe; Funktionen und Rollen existieren für das Cybersecurity Management und -Engineering
  • Projektübergreifend sind Cybersecurity-Aktivitäten in Entwicklungsprozesse und Handlungsfelder im Automotive-Ökosystem integriert
  • Methoden und Artefakte sind eingeführt und standardisiert; Organisationsweite Toolunterstützungen
  • Integration von Security-Metriken in Projekt-Controlling, kontinuierliche Verbesserungsprozesse und erste Cybersecurity-KPIs sind definiert

Vorreiter (Reifegrad 4-5): Innovation und Marktstellung

  • Vollständig etablierte Cybersecurity-Governance, verzahnt mit Qualität, Compliance, Safety (u.a.) über den gesamten Lebenszyklus hinweg
  • Cybersecurity-Strategie und -Kompetenzzentren mit Fokus auf Resilienz und „Next-Level“-Fähigkeiten (Monitoring im Feld, Incident Response Management u.a.)
  • Nutzung von fortgeschrittenen Tools für Automatisierung, Data und AI zur Effizienzsteigerung und Risikobewertung in Echtzeit
  • Knowledge-Sharing, Standardisierung und Market-Contributions; enge Verzahnung mit Supply Chain, Ökosystem und Produktstrategie

Fazit: Security Engineering als Business-Enabler

Wir halten fest: Die ordnungsgemäße und gesamtheitliche Herangehensweise an Cybersecurity Engineering in der Fahrzeugentwicklung ist weit mehr als Risikoreduktion am Fahrzeug.

Sie ist ein facettenreiches Handlungsfeld, das Entwicklungsarbeit industrialisiert und aktiv Kosten und Effizienz steuern lässt. Wo Vereinheitlichung sattfindet, entsteht echte Prozessfähigkeit. So verstanden wird Security vom Thema zur Methode: ein Rahmen, der Einzelfalllösungen in produktionsreife Routinen überführt.

Wer Cybersicherheitsvorgehensweisen früh, systematisch und kontinuierlich verankert, stabilisiert Budgets, verkürzt Zyklen und steigert die Produktivität des eingesetzten Kapitals – nicht nur in der Entwicklung, sondern über den gesamten Produktlebenszyklus.

Der Paradigmenwechsel von “Cybersecurity als Kostenfaktor” zu “Cybersecurity als Profitabilität-Hebel” erfordert einen fundamentalen Perspektivwechsel in der Automobilindustrie. Organisationen, die diesen Wandel vollziehen, positionieren sich nicht nur aktiv gegen Cyber-Bedrohungen, sondern schaffen vorausschauend ein strukturelles Effizienzprogramm (besonders auch mit Blick auf softwaredefinierte Fahrzeuge), das sich zum handfesten Wettbewerbsvorteil entwickelt.

Die Erfahrung aus der Praxis zeigt: Wer Security standardisiert, professionalisiert zugleich auch das Requirements-, Change- und Konfigurationsmanagement. Die Professionalisierung der Cybersecurity wird zum Katalysator für die allgemein verbesserte Arbeitsweise in Prozessen und Strukturen.

So entfaltet Cybersicherheit eine Hebelwirkung, die weit über die Domäne der Sicherheit hinausgeht. Sie schafft nachhaltige Effizienzgewinne und Kostenvorteile – ein fundamentaler Erfolgsfaktor im aktuell angespannten Marktumfeld der Automobil- und Fahrzeugentwicklung.

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